Der erste Borkener Storch


In diesem Jahr ist es endlich geglückt, im Naturschutzgebiet Borkener See gibt es den ersten Storchennachwuchs zu vermelden. An einer ruhigen Stelle am Seeufer steht seit mittlerweile 17 Jahren eine Nisthilfe für Störche. Es handelt sich um ein 13 Meter hohes und 1,90 Meter im Durchmesser breites Storchennest mit Blick auf den See, aber auch entsprechendem Sichtschutz, um in aller Ruhe den Nachwuchs großzuziehen. Trotz dieser verlockenden Immobilienbeschreibung lässt sich schon an dieser Stelle festhalten, dass die Natur einige Zeit gebraucht hat, sich zu entfalten.

Schon in den letzten Jahren waren immer Störche am Borkener See und in dessen direkter Umgebung gesichtet worden. Auch Landungen auf dem Nest und erste Brutversuche konntenbeobachtet werden, doch immer kam etwas dazwischen: Kletternde Waschbären, Drohnenflüge im Naturschutzgebiet und um das Nest konkurrierende Nilgänse ließen die Störche Jahr um Jahr weiterziehen.

Doch dieses Jahr sollte es anders werden. In den ersten Apriltagen sah es noch ganz danach aus, als machte es sich wie schon in den vergangenen Jahren eine Nilgansfamilie auf dem Storchennest gemütlich. Diese oft ungern gesehenen Gäste nisten tatsächlich, ähnlich wie unsere heimischen Singvögel, in Baumnestern. Nur am Rande sei erwähnt, dass diese afrikanischen Gänse nicht selbst nach Deutschland eingewandert sind. Vielmehr geht die europäische Population auf Gefangenschaftsflüchtlinge (des Menschen) aus diversen europäischen Ländern zurück. Außerdem kann die Gans einfach nicht aus ihrer Haut. In ihrer natürlich Heimat ist ihr aggressives Verhalten bei der Brut überlebenswichtig, da es dort viel mehr Konkurrenz und räuberische Tiere gibt. Auch ihre Vorliebe für übersichtliche Grünflächen wie Parks und Freibäder lässt sich so leicht erklären.

Die Storchen-Paarung wird beobachtet von einer konkurrierenden Nilgans.

Hessische Studien haben mittlerweile belegt, dass ihre Aggression nur während der Brutzeit oder unter Stress zum Ausbruch kommt. Dies kennt man jedoch genauso von Höckerschwänen, Haubentauchern und anderen heimischen Arten. 

Aber zurück zum Borkener Storchennest: Nur wenige Tage später änderte sich das Bild, ein Storchenpaar kreiste über Borken und landete schließlich ebenfalls auf der Nisthilfe. In den folgenden zehn Tagen ereigneten sich zum Teil kuriose Szenen. Immer wieder wurden die Gänse von den Störchen vertrieben, doch genauso oft revanchierten sich die Nilgänse und beanspruchten das Nest wieder für sich. Es wurde gemeinsam gebaut, geschnattert, geklappert, stundenlang starrten sich die Vertreter beider Parteien an und sogar Paarungen fanden unter den kritischen Blicken der Nestnachbarn statt. Doch das Storchenpaar hatte in diesem Jahr den längeren Atem. Wie genau wird wohl immer ihr Geheimnis bleiben, doch sie schlugen letztlich die hartnäckigen Gänse in die Flucht und begannen sofort mit ihrem Brutgeschäft. Die Brutzeit verlief glücklicherweise ereignislos und so schlüpfte das erste Borkener Storchenkücken um den 10 Juni 2020. Hinter vielen Baumkronen vor den Gästen des Sees verborgen, wuchs der Jungvogel ungestört heran. Und schon Mitte Juli stolzierte er gemeinsam mit seinen Eltern zwischen den Galloway Rindern auf einer Wiese an der Nordspitze des Sees umher.

Ein Altvogel mit dem Jungstorch auf der Wiese am Naturschutzgebiet Borkener See.

Mittlerweile hat sich der Borkener Storchennachwuchs schon auf seine erste große Reise verabschiedet. Er ist unterwegs nach Afrika, wo er vermutlich im November eintrifft, um dort zu überwintern, bevor er sich wieder auf den Heimweg macht und Kurs nimmt in Richtung Borkener See.