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Kooperationsprojekt erfolgreich abgeschlossen
Der Geschichtsverein und das Stadtarchiv Borken bestätigen, dass das gemeinsame Projekt zur jüdischen Geschichte der Stadt erfolgreich abgeschlossen ist. Am 2. September verlegten Gunter Demnig und der städtische Bauhof 36 neue Stolpersteine in der Kernstadt. Zusammen mit den bisher verlegten 34 Stolpersteinen bestehen jetzt insgesamt 70 Erinnerungspunkte an ehemalige Borkener Bürgerinnen und Bürger. Im November 2024 war als erster Projektbaustein bereits eine Publikation zur jüdischen Geschichte der Bergbaustadt erschienen.

Weltoffenes Borken
Die Nachfahren der jüdischen Familien reisten aus den USA, der Schweiz, den Niederlanden und aus Israel an, um die einstige Heimat ihrer Vorfahren zu besuchen. Am Bildrand rechts: Jörg Domes, der die Veranstaltung für den Geschichtsverein leitete.
Die Nachfahren der jüdischen Familien reisten aus den USA, der Schweiz, den Niederlanden und aus Israel an, um die einstige Heimat ihrer Vorfahren zu besuchen. Am Bildrand rechts: Jörg Domes, der die Veranstaltung für den Geschichtsverein leitete.
Die feierliche Stolpersteinverlegung war in ein umfangreiches Rahmenprogramm eingebunden. Erfreulicherweise nahmen 39 ausländische Nachfahren der ehemaligen jüdischen Familien Borkens mit großem Interesse und Anteilnahme an der Gedenkveranstaltung teil.

36 neue Stolpersteine
Eine der jüngsten Teilnehmerinnen der Veranstaltung, Lucinda aus den USA, schaute Gunter Demnig neugierig beim Verlegen eines Stolpersteins zu.
Eine der jüngsten Teilnehmerinnen der Veranstaltung, Lucinda aus den USA, schaute Gunter Demnig neugierig beim Verlegen eines Stolpersteins zu.
Internationales Publikum
Die Gäste waren aus den USA, Israel, den Niederlanden und der Schweiz angereist. Die Gastgeberstadt zeigte sich ihnen gegenüber von ihrer besten Seite. Die Nachfahren nahmen an einer Stadt- und Museumsführung teil, verfolgten mit großem Interesse einen Vortrag Gunter Demnigs, der mittlerweile über 120.000 Stolpersteine in 33 Ländern verlegt hat, erlebten einen jüdischen Gedenkgottesdienst in der Synagoge Felsberg und besichtigten die Grabstätten ihrer Vorfahren auf den Jüdischen Friedhöfen in Haarhausen und Borken.
Jörg Domes vom Geschichtsverein Borken führte durch das Programm und erntete viel Lob. Die US-Amerikanerin Michelle Edgar resümierte: „Wir sind tief beeindruckt, wie würdevoll die Stadt unserer Vorfahren gedenkt.“ Borken präsentierte sich an den drei Tagen als weltoffen, tolerant und geschichtsbewusst. „Viele Nachfahren kostete es zunächst große Überwindung in die Stadt zu kommen, in der ihre Angehörigen Schlimmes erlebten, in der die ersten Schritte der Deportation in die Vernichtungslager erfolgten,“ betonte Ingo Sielaff, der Leiter des Stadtarchivs und Vorstandsmitglied des Geschichtsvereins. „Wir wollten bewusst einen Gegenpunkt setzen und zeigen, dass Borken jetzt anders ist, freundlicher ist und sich seiner Vergangenheit stellt. Dies wurde auch sehr wertschätzend von den Gästen wahrgenommen,“ hob der Historiker hervor.
Das gelang. Auch die Schirmherren des Kooperationsprojektes, Bürgermeister Marcèl Pritsch und Stadtverordnetenvorsteher Michael Weber, freuten sich über die Anerkennung und Freude unter den ausländischen Gästen.

Aus der NS-Geschichte lernen
Schülerinnen und Schüler der Gustav-Heinemann-Schule legten an den Verlegeorten weiße Rosen auf die neuen Stolpersteine – ein praktischer Geschichtsunterricht.
Schülerinnen und Schüler der Gustav-Heinemann-Schule legten an den Verlegeorten weiße Rosen auf die neuen Stolpersteine – ein praktischer Geschichtsunterricht.
Zum Gelingen der Veranstaltung trugen zahlreiche Personen und Institutionen bei. So polierten Schülerinnen und Schüler der Gustav-Heinemann-Schule mit ihrem Lehrer Marco Seibel die Stolpersteine auf Hochglanz. Schüler der Theodor-Heuss-Schule aus Homberg drehten in Zusammenarbeit mit dem Medienbildungszentrum Kassel einen Dokumentarfilm. Mitarbeitende des Museums halfen bei der Organisation, beim Catering und bei der Betreuung der Gäste. Der Wiesbadener Künstler Dany Bober rezitierte Psalmen und sorgte an den Verlegeorten für eine feierliche Atmosphäre. Der Hessische Rundfunk und die HNA berichteten ausführlich über die Stolpersteinverlegung.
Borkener Schülerinnen und Schüler legten weiße Rosen auf die frisch verlegten Stolpersteine. Dies empfanden nicht nur die Nachfahren als würdevolle Geste. Die Redebeiträge des Bürgermeisters, des Stadtverordnetenvorstehers und des Kreisbeigeordneten Mario Jung unterstrichen den feierlichen Veranstaltungscharakter. Auch die Reden der Nachfahren und des ehemaligen Borkeners Per-Olof Dickhaut bewegten tief und vermittelten 90 Jahre nach den Schreckensereignissen einen Eindruck über den Lebensalltag der jüdischen Bevölkerung im „Dritten Reich“ in Borken.
Dank an die zahlreichen Helfer und Unterstützer
„Ein großes Dankeschön gelten dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und dessen Koordinierungs- und Fachstelle, dem Kreisausschuss des Schwalm-Eder-Kreises, die das Projekt maßgeblich förderten“, sagte Jörg Domes und ergänzte: „Wir bedanken uns außerdem sehr herzlich beim Verein zur Rettung und zum Erhalt der Synagoge Felsberg, der den Gedenkgottesdienst durchführte, bei dem Verein Sichtbar e.V., der sein sogenanntes Glashaus für ein Mittagessen und eine anschließende Zusammenkunft für unsere Gäste bereitstellte sowie beim Hotel am Stadtpark für die Gastfreundlichkeit.“
Bürgermeister Marcèl Pritsch lobte vor allem das Engagement der Borkener Bürgerinnen und Bürger sowie der ortsansässigen Unternehmen und Firmen: „Ich bedanke mich bei Allen, die mit ihren Spenden maßgeblich zum erfolgreichen Verlauf der Stolpersteinverlegung und des Projekts zum „Jüdischen Leben in Borken“ beigetragen haben. Ohne dieses Engagement, wären die wertvollen Begegnungen mit den Nachfahren unserer ehemaligen Bürgerinnen und Bürger von Borken nicht möglich gewesen. Vielen Dank dafür!“ Der Verwaltungschef sieht in dem Kooperationsprojekt ein Musterbeispiel für gesellschaftliche Teilhabe und ein starkes Signal gegen antisemitische, rechtsradikale Parteien.
Zukunftsorientierte Erinnerungskultur
„Der Besuch so vieler ausländischer Gäste und der Verlauf der Veranstaltung bestärken uns darin, für unsere gesellschaftlichen Werte wie Menschenwürde, Erinnerungskultur, Toleranz und Weltoffenheit einzutreten. Die Demokratie in Borken lebt!“, unterstrich Stadtverordnetenvorsteher Michael Weber am Ende der Veranstaltung. Er hofft, dass sich diese demokratischen Wertvorstellungen auch in den nächsten Wahlen widerspiegeln.
Jörg Domes und Ingo Sielaff versprachen den Nachfahren beim Abschied, die jüdische Geschichte Borkens auch künftig im Blick zu behalten. „Der Forschungsstand zur jüdischen Geschichte der Region hat sich wesentlich erweitert – nicht zuletzt durch Unterlagen und Fotografien, die uns die Nachfahren zur Verfügung gestellt haben. Wir planen aufgrund der neuen Erkenntnisse schon jetzt eine neue, vertiefende Publikation und damit eine Weiterführung des Projektes,“ kündigten die beiden Initiatoren an.
