Gedenken an schlimme Zeiten


Vom jüdischen Friedhof in der Borkener Jahnstraße zur Gedenkstätte am ehemaligen Standort der Synagoge in der Hintergasse ging der Schweigemarsch. Dort gab es eine würdevolle Gedenkfeier zum 82. Jahrestag der Reichspogromnacht vom 9. November 1938. Stadtverordnetenvorsteher Michael Weber begrüßte Schülerinnen und Schüler der Gustav-Heinemann-Schule und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger der Großgemeinde. Er erinnerte an die schlimmen Ereignisse der deutschen Geschichte. Was in jenen Tagen vor 82 Jahren auch in Borken mit der Verfolgung jüdischer Bürger begann, endete mit der Vernichtung der europäischen Juden in den Konzentrations- und Vernichtungslagern.

Persönliche Geschichten

Lehrer Marco Seibel beschäftigte sich mit den Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Gustav-Heinemann-Schule schon seit einigen Wochen im Unterricht mit der jüdischen Geschichte. Sie erinnerten an Begebenheiten, die sich in Borken in der Nacht vom 8. auf den 9. November 1938 zugetragen hatten und schilderten anschaulich und nachdenklich über persönliche Geschichten jüdischer Mitbürger aus Borken.

Anschließend gedachte Pfarrer Björn Kunstmann den Ereignissen als Vertreter der örtlichen Kirchen.

Wachsam sein und die Erfahrungen in das Handeln einfließen lassen

„Die bedenklichen, aktuellen, gesellschaftlichen Entwicklungen zwingen zum Nachdenken und zum Handeln. Wir müssen auf Verschwörungstheorien, auf Antisemitismus, auf offenen und versteckten Rassismus reagieren. Wir müssen Flagge zeigen und unsere Werte verteidigen. Bitte lassen Sie es nicht zu, dass unsere Freiheit von Dummheit, Gewalttätigkeit und Menschenverachtung eingeschränkt wird. Viele lassen sich dazu verleiten, z.B. einen verachtenden Post gegen unseren Gesundheitsminister Spahn, der in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt, auf Facebook zu belächeln oder gar mit einem „LIKE“ zu versehen. Auch dem Mord am ehemaligen Regierungspräsidenten Walter Lübcke ging eine Hetze im Internet voraus. Ein gesprochener Satz auf einer Bürgerinformationsveranstaltung, in der es um die Aufnahme Geflüchteter ging, wurde ihm am Ende zum Verhängnis. So etwas hatten wir schon einmal, ansonsten würden wir hier und heute nicht beisammenstehen und der Pogrome vor nunmehr 82 Jahren gedenken. Daher meine Bitte an Sie alle: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, ja dafür eintreten, dass solche Kommentare auf Facebook oder auf anderen Kommunikationsplattformen sowie im Gespräch und in der Diskussion nicht akzeptiert oder toleriert werden. Die Geschichte dieses, sowie anderer Gedenktage ist wichtig, um die Erfahrungen daraus in unser tägliches Handeln einfließen zu lassen,“ appellierte Bürgermeister Pritsch.

 Im Anschluss erfolgte die Kranzniederlegung durch Stadtverordnetenvorsteher Michael Weber und Bürgermeister Marcèl Pritsch.

Persönliche Geschichten von jüdischen Familien während der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 in Borken wurden von Schülerinnen und Schüler der Gustav-Heinemann-Schule geschildert.